Leserbrief zur Bahnhofsbebauung

George Hoitz, Thomas – Mann – Straße, Süd(richtig Ost)überbauung 

Eine Kultur, die nicht baut, lebt nicht.
Bonn will und muss leben.

Wir wollen so leben und bauen, wie einst der Kurfürst Clemens August Bonn bauen ließ, der Altes zerbrach und Neues hinzufügte. Wir wollen Neues an alter Stelle.

Wir, die Bürger wollen über die Gestaltung unseres Lebensraumes entscheiden und sind nicht bereit, unsere Entscheidungen zufälliger Investoren zu überlassen. Wir, die hier unser Leben leben, unser Leben gestalten und bewältigen, entscheiden über die Gestalt und das Gesicht unserer Stadt.

Wir sind die „laufenden Meter Behälterarchitektur“ der 60er und 70er Jahre satt. Das war die Zeit der “Grünen Wiesen” am Rande der Stadt. Hier, vor dem Bahnhof Bonns, beim Eintritt in das Zentrum, haben wir keineswegs eine “Grüne Wiese” und mit dieser Architektur schafft man eher soziale Probleme, als sie zu verhindern.
In einer Zeit, in der es endlich nicht nur um bedingungsloses Wachstum, sondern um  Qualität geht, suchen wir nach Maßstäblichkeit und Emotionen. Wir Stadtbürger sehnen uns nach Geborgenheit und wohlfühlender Architektur, nach urbanen Räumen und sprechenden Fassaden. Urbanität, die uns Raum für unsere Entwicklung gibt, Fassaden, die uns bewegen. Wir sind Menschen und verlangen Respekt!

Durch den U-Bahnbau haben wir es am Bahnhof mit einer Amputation von Stadtkörpern zu tun. Ein Stück Identität der Stadt Bonn wurde aus dem Gedächtnis der Stadt gelöscht. Es gilt die Stadt wieder zu reparieren. Die Wiederherstellung der Stadt im Sinne einer kritischen Anlehnung an die Geschichte des Ortes, mit sichtbarem Respekt gegenüber dem Geist des Ortes. Der Bürger fordert diese Identität. Der Stadtbürger fordert einen identitätsstiftenden Stadtbau mit weitreichender Ausstrahlungskraft. Der Bürger lehnt jede Protesenarchitektur ab. Der Bonner Bürger lässt sich nicht zu einem reklame- und geizgeilen Konsumenten reduzieren. Das geplante Gebäude der sogenannten Südbebauung tritt die Bedürfnisse des Bonner Stadtbürgers mit Füßen.

Zu ehren ist die Verhandlungsdiplomatie gegenüber den zahlreichen Privateigentümern; gleichwohl zeigt sich der beabsichtigte fünfgeschossige Behältergestalt wie eine vorsätzliche Beleidigung.

Lebendigkeit, Vielfalt, Sensibilität und Funktionalität suchen wir Bürger am Bahnhof.
Ein Ort, wo sich Kommerz und Wirtschaft treffen und sich mit Kunst und Muse verbinden, wo sich die täglichen Interessen Aller vereinigen. Das ist unsere Kultur.

Gefordert ist ein großzügiger Empfangsraum, der einlädt zum Aufhalten und Flanieren, zum Verweilen und zum Einkaufen. Wir lassen uns nicht wie die Kaninchen in einen Stall von Supermarkt drängen. Die Stadtreparatur am Bahnhof fordert eine umfassende und sensible Gesamtlösung. Urbanität, Funktionalität und Emotionalität sind die Bausteine der Architektur aus denen sich ein neues Quartier am Bahnhof, am Zugang zur Stadt Bonn zusammensetzt.
Heute besteht eine unwiederbringliche historische Chance, der Stadt Bonn wieder ein urbanes Viertel zurückzugeben. Eine einmalige Möglichkeit, die seinesgleichen in Deutschland sucht. Eine Chance, für die wir Verantwortung übernehmen müssen. Für unsere Kinder und für die nachfolgenden Generationen. Eine historische Chance, für die wir uns mit Gesamtheit und Qualität entscheiden.

Erfolgssuchende Kurzfristigkeit und lähmende Angst sind die schlechtesten Partner. „Besser als nichts“ ist kein Begriff in der Städteplanung! Nur peinlich für diejenigen, die das aussprechen.

  • Bitte keine selbstbezogenen Insellösung;                                                                          
  • Bitte keine lochstopfende Flickschusterei;                                                                         
  • Bitte eine stadtbildende Gesamtlösung entwickeln.
  • Kampf der Ordnung gegen das Chaos.

Es ist die Ehre eines jeden Bürgers der Stadt Bonn sich einzusetzen für
EIN NEUES BONN.   

GH