Auf den unsäglichen Artikel des SPIEGELS vom 4.4.2011 mit dem Titel Beethoven 21 mußten wir mit einem Leserbrief reagieren.
Differenzierten Journalismus scheint man selbst dort nicht mehr zu pflegen. Uns Bonner als kleingeistig und provinziell darzustellen ist ziemlich dreist. Leider wurde der Leserbrief nicht gedruckt. Wahrscheinlich war er zu lang.
Hier ist er:
SPIEGEL Nr. 14 - 2011 vom 4.4.2011
Leserbrief: Beethoven 21 in Bonn
Obwohl Sie Ihren Kultur-Gau (Elbphilharmonie) doch vor der eigenen Haustür bewältigen müssen, sind wir Bonner in Ihren Augen zu dumm um ein Geschenk anzunehmen und kapieren nicht, dass uns das neue Festspielhaus nichts kosten wird.
Die Bürger pro Neues Festspielhaus Bonn hatten vor kurzem u.a. den Intendanten der zukünftigen Elbphilharmonie nach Bonn eingeladen. Welch ein Zynismus!
Auch Euch Hamburgern sollte dieses Projekt nichts kosten.. 2003 waren private Investoren bereit über 70 Millionen Euro zu finanzieren. Jahre später musste der Hamburger Senat das Projekt übernehmen und 2008 standen bereits 323 Millionen zu Buche. 2010 waren es über 470 Millionen Euro und bis zur Fertigstellung werden es wahrscheinlich über eine halbe Milliarde Euro sein. Der Großteil muss von Steuergeldern bezahlt werden. Dringende Projekte fallen hinten runter. Aber das wissen Sie ja alles.
Es ist hinlänglich bekannt, dass sich die Kosten z.B. der Bauprojekte von Zaha Hadid und ihren Starkollegen verdoppeln oder verdreifachen. Beispiele gibt es zur Genüge. Das letzte Projekt ist das Maxxi in Rom (Zaha Hadid), welches fast 10 Jahre Bauzeit benötigte , mehr als das Doppelte letztendlich kostete, kaum Platz hat um optimal Kunst zu präsentieren, da das Treppenhausgedärm einen Großteil für sich beansprucht. Wie krank ist das eigentlich?
Es sind nicht nur der Größenwahn und das Ego der sogenannten „Stararchitekten“, nicht nur die Eitelkeiten der Politiker und einer kleinen „ Elite“, die teure Prestigeobjekte erst möglich machen. Es sind im Vorfeld die Halbwahrheiten, die Undurchsichtigkeiten und die nicht realistischen Kalkulationen, die dann die Baukostenspirale entstehen lassen. Wenn das Projekt einmal im Bau ist, kommt Abreissen nicht mehr in Frage und man spekuliert - wie und von wem auch immer - auf Geldvermehrung. Das hat und ist Methode!
Ich wundere mich schon lange, dass die „ Zirkus-, Event-, Anabolika- oder Spektakelarchitektur“ der angeblich wichtigen und berühmten Architekten kritiklos akzeptiert werden. Diese Architekten bauen weltweit Solitäre für unglaubliche Summen, zerstören größtenteils das Umfeld und Infrastrukturen. Auf eine Analyse der Seele des Ortes wird verzichtet. Es entstehen keine Dialoge zwischen Vorhandenem und Neuem, die Gebäude kooperieren nicht mitdem Gesamtstadtbild. Es bleiben glitternde Fremdkörper, die keine Stadt auf Dauer unterhalten kann.
Aufgrund des bis heute noch nicht gelösten WCCB-Problems ist es dem Bonner Bürger gegenüber schlicht unverantwortlich, sich auf ein weiteres Projekt mit solch hohem Kostenrisiko einzulassen. Auch wenn noch so sehr betont wird, ALLES sei genau kalkuliert (ohne reelle Zahlen zu benennen) heißt das: Wer glaubt wird selig!
Bonn sollte sich nicht mit dem Bilbao-Virus anstecken lassen. Sie sollte sich auf ihre eigenen Stärken und Substanz, auf ihren Charakter konzentrieren. Das ist humaner und bezahlbar.
Fest steht, dass Beethoven ein wichtiges Standbein für die Stadt Bonn darstellt. Fest steht, dass Bonn für seinen Beethoven einen angemessenen und schönen Rahmen erhalten muss, der gleichzeitig auch zum Stadtbild passen sollte. Fest steht, dass der Standort alte Beethovenhalle für die Bonner Innenstadt optimal und immens wichtig ist.
Ich bin mir sicher, dass die jetzige Beethovenhalle für überschaubare Kosten zu einem kleinen architektonischen Juwel umgestaltet werden kann. Mit gesundem Menschverstand, Willen, Wollen, Kreativität und gemeinsamen Anstrengungen geht alles.
Heidemarie Weide www.bonn-vision.de